Donnerstag, 3. Oktober 2013

Einfach Spitze!

Spitzen sind ewig gefährlich für mich. Dabei liegen sie in Brockenhäusern und auf Flohmärkten beileibe nicht mehr einfach so herum. Nein, das was da noch herumliegt, ist meist fast neu, Maschinenspitze, schlechte Qualität und ziemlich kitschig. Wenn dann doch etwas Schönes herumliegt, ist es meist entweder zu kurz oder an entscheidenden Stellen löchrig - da muss einem die Spitze selber schon sehr überzeugen, dass man da zugreift. Das hier war so ein Teil:

St.Galler-Unterwäschenspitze vermutlich, ganze 50 cm breit, vielleicht für einen Unterrock, ein hauchfeiner Baumwollbatist mit Biesen - schlicht zauberhaft.
Das Muster mit Anlehnungen an den Jugendstil und bestimmt aus den ersten 2 Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts.










Also gingen da Jahre ins Land, bis ich jetzt im Brocki fündig wurde. Und das lässt mich dann einfach immer wieder staunen; das etwas so lange hält, so lange aufbewahrt wird! In welchen Schachteln und Schränken hat es wohl seine hundert Jahre verbracht, um dann, wenn die Grossmutter oder Tante endlich ins Altersheim zügelt, zusammen mit anderen Flicksachen, ins Brockenhaus gebracht zu werden? Wer hat es wann in all den Jahren in Händen gehabt und wahrscheinlich genau wie ich entschieden, dass es schlicht zu schön ist zum Wegwerfen? Das Werk höchstwahrscheinlich eines St.Galler Textilarbeiters (oder einer -arbeiterin) der Zwischenkriegszeit. (Ein befreundeter Grafiker übrigens hat mir anhand dieses Teils genau erklären können, wie sowas hergestellt wurde. Er hatte seinerzeit noch eine Lehre in der St.Galler Textilindustrie gemacht - spannende Minuten mit einem Stück Schweizer Textilgeschichte.)


Aber selbstverständlich ist das wertvolle Stück Stoff zu klein für irgendeine sinnvolle Verarbeitung, es ist ganze 80 cm breit. Was fängt man damit schon an? Zumal es, wenn man alle Löcher und geflickten Stellen, oder zumindest fast alle, berücksichtigt, noch kleiner wird.





Weiter arbeite ich ja gerade an Bettwäsche aus Leinen. Leinen ist etwas vom Angenehmsten zum Schlafen; im Sommer kühl, im Winter warm. Ich habe manchmal das Gefühl, es hält die Haut nachts lebendig.
Aber na ja, Bettwäsche ist auch nicht unbedingt etwas, das durch Kleinförmigkeit auffällt.
Schweren Herzens hab ich halt schliesslich das Längs- und das Quermuster voneinander getrennt.

Zwei zueinander passende, wenn auch verschiedene Kopfkissen sind so aus dieser Spitze daraus geworden. Standardgrösse. Mit Bänderverschluss. Und aus dem Rest entstand noch ein Kirschkernkissen - für die warmen Füsse.




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